© Tierfreunde Rhein-Erft
Lady
“Schreikind” im Tierheim
Nicht selten im Leben geht das Schicksal seltsame Wege. So war es auch mit Lady und mir, als ich
Anfang Juni 2011 nach Dienstschluss mit meiner damaligen Yorkiehündin Lucy einen Spaziergang
machte. Unterwegs entstand die Idee, einer kleinen Tierheimhündin Gelegenheit zu geben, für ein
paar Stunden den Zwinger zu verlassen. Wohl gemerkt - für ein paar Stunden!
Im
Tierheim
angekommen,
wurde
die
diensthabende
Mitarbeiterin
sofort
nervös,
hatte
sie
doch
angenommen,
ich
sei
gekommen,
meinen
Hund
im
ohnehin
bereits
überfüllten
Tierheim
Bergheim
abgeben
zu
wollen.
Nachdem
mein
Anliegen
vorgetragen
und
die
üblichen
Formalitäten
erledigt
waren,
wurde
uns
ein
laut
schreiendes,
extrem
scheues
“Etwas”,
mehr
als
13
Jahre
alt,
stark
abgemagert,
zahnlos,
nackt,
taub,
halb
blind,
vorgestellt.
“Was”,
fragte
die
Pflegerin
anlässlich
der
Übergabe,
“Sie
haben
einen
Hund
dabei?
Lady
mag
keine
anderen
Hunde
und
Menschen
mag
sie auch nicht.”
Ein
Hund
mit
diesen
Eigenschaften?
-
Was
sollte
das
wohl
sein?
Schließlich
sind
Hunde
Rudeltiere…
Wir
ließen
uns
nicht
entmutigen
und
machten
uns
als
Gassigeher
nützlich.
Als
das
“Etwas”
merkte,
das
Tierheimgrundstück
hinter
sich
lassen
zu
können,
nahm
es
Fahrt
auf
und
wurde
blitzschnell.
Etliche
Kilometer
lief
das
kleine
Tier,
ohne
müde
zu
werden
und
das
angesichts
des
fortgeschrittenen
Alters.
Erst
als
wir
den
Rückweg
antraten,
wurden
die
Schritte
langsamer
und
als
das
Tor
des
Tierheims
in
Sicht
kam,
begann
auch
wieder
das
schreckliche
Schreien,
das
jedem Menschen durch Mark und Bein gehen musste.
Dass
sich
das
“Etwas”
im
Tierheim
total
unwohl
fühlte,
stand
außer
Frage
-
und
für
mich,
dass
es
sich
nicht
um
den
richtigen
Ort
für
das
Tierchen
handeln
konnte.
Offenbar
war
ich
zum
richtigen
Zeitpunkt
am
richtigen
Ort.
Keine
weitere
Stunde
würde
das
Tier
hier
verbringen
müssen.
Schnell
war klar, ich hatte mit einem Hund das Tierheim betreten und verließ es mit zwei.
In den folgenden Tagen erfuhr ich mehr über die Biografie unseres Pfleglings, der rasch zum
Dauerpflegling wurde. Nach Auskunft des Tierheims war die Besitzerin eine alte Dame. Nach deren
Tod wurde Lady zum “Wanderpokal” unter den vier Töchtern. Offenbar konnte keine der Töchter
etwas mit ihr anfangen und Lady mit den Töchtern offenbar ebenso wenig. So kam es, wie es
kommen musste. Die letzte der Schwestern gab das schon in die Jahre gekommene Tier im
Tierheim ab… - eine rasche, einfache Lösung des Problems.
Ladies
Art
zu
kommunizieren
drückte
sich
durch
extrem
lautes,
entsetzliches
Schreien
aus.
Sie
fraß zunächst nur kleinste Mengen, ließ sich weder anfassen, pflegen noch medizinisch versorgen.
Wir
entschieden
uns,
Lady
Zeit
zu
lassen,
sich
einzuleben,
sich
an
uns
und
unsere
Hündin
zu
gewöhnen.
Wenn
sie
Bereitschaft
signalisierte,
sich
einzulassen,
ging
es
in
kleinen
Schritten
vorwärts.
Schon
nach
wenigen
Wochen
erkannte
sie,
wie
schön
das
Hundeleben
sein
kann.
Mehr
und
mehr
fasste
sie
Vertrauen.
Der
Appetit
stellte
sich
wieder
ein,
körperlich
legte
sie
nach
und
nach
zu,
dass
Fell
begann
zu
wachsen
und
Lady
lernte,
sich
anzupassen.
Langsam
nahm
auch
das
Schreien ab, wurde leiser, bis es schließlich gänzlich aufhörte.
Es
entwickelte
sich
ein
Yorkshire-Mix,
der
zum
sympathischen
Familienhund
mutierte.
Viermal
hatten wir Gelegenheit, mit Lady tolle Urlaube im Ausland zu verleben.
Nach
kurzer
Krankheit
mussten
wir
sie
am
04.09.2013
knapp
sechzehnjährig
über
die
Regenbogenbrücke
gehen
lassen.
Die
gemeinsame
Zeit,
die
wir
hatten,
war
definitiv
zu
kurz.
Gern
hätten
wir
Lady
noch
viele
schöne
Jahre
in
ihrer
Dauerpflegestelle
gegönnt.
Sie
war
unser
erster
Tierschutzhund.
Die
positiven
Erfahrungen,
die
vielen
kleinen
Schritte
vom
“Schreikind”
zum
sympathischen
Familienhund
kann
uns
niemand
nehmen.
In
unseren
Herzen
lebt
auch
sie
weiter,
denn tot ist nur, wer vergessen ist.
Lady
war
ein
Problemhund.
Dennoch
kommt
für
uns
ein
Tier
aus
einer
Zucht
nicht
mehr
in
Betracht.
Die
vielen
positiven
Erfahrungen
mit
ihr
haben
uns
ermutigt,
nur
noch
Tierschutztieren
eine Chance zu geben.
Durch
unseren
Dauerpflegling
wurde
uns
bewusst,
dass
fast
alle
Tierheime
aus
allen
Nähten
platzen, prall gefüllt mit Fellnasen, die auf ein liebevolles Zuhause warten.
Renate Könen
Elsdorf, im März 2016